Re: .....jede Tat laesst sich denken - lieber alfred!


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Geschrieben von barbara am 15. September 2001 15:31:03:

Als Antwort auf: Re: .....jede Tat laesst sich denken geschrieben von alfred am 15. September 2001 14:38:48:

lieber alfred!! zunächst - ich hoffe, du hast meine mail bekommen?? hat matteo sich gemeldet??
zu deinem beitrag... ich freu mich...
und:
>WEiß nicht, ob mir da jetzt jemand folgen kann ohne daß wir an einem Tisch sitzen und ausführlich darüber reden können.
+ ich bemühe mich darum, las nun mehrmals und denke, wenn man nähe zulässt, auch gedanklich, schreiberisch, über distanz, so ist die distanz nicht notwendig, so kann es ein tisch sein, an dem man sitzt und spricht...

>Das menschliche Zusammenleben ist schon immer von Angst geregelt. Selbst das Wort Respekt wird häufiger im Zusammenhang mit Angst vor Jemanden gedacht als im Zusammenhang mit Achtung.

* das ist leider sehr wahr, respekt zollen ist heutzutage eher ein anderes zeichen von angst, von vorsicht, selten beinhaltet es achtung, selten beinhaltet es, dass man jemanden respektiert, toleriert, seinen wert bedenkt und ihm mit achtung begegnet.
eine respektperson ist hier im sprachgebrauch oft vielmehr jemand, der in behörden sitzt, jemand, der strafen kann, wenn er keinen sogenannten respekt - eben im anderen sinne- bekommt...


>Deshalb gibt es auch die Strafe (nicht Sühne in dem Sinne der Wiedergutmachung) und die Rache. Es soll Angst erzeugt werden, das ja nicht wieder zu tun oder einem anderen zu sagen: wehe Du tust das.

**schuld und sühne....!? richtig...
sühne ist ein nicht mehr übliches wort und ein kaum noch vorhandener gedanke heute, und es ist schade darum.
man rächt sich, um zu zeigen "nicht mit mir", man vergibt nicht, man macht nicht wieder gut und sühnt etwas, sondern man bestraft, um angst zu machen, um einzuschüchtern, um zeichen zu setzen, wer man ist, mit wem man doch so zu tun hat.. (oder eben auch nicht...)

>Also alles nichts Neues, kann man sich nur wundern, warum sich die Menschen über diese "neue" Art der Angstproduktion aufregen?


*** das alles ist sicher nicht neu, nein. es ist ein trauerspiel, was existent ist, aber dem vielleicht wenig beachtung wiederfährt, denn das ist doch der punkt:
der mensch ist meist auf einem auge blind und die beachtung des kleinen, der kleinen dinge fällt weg unter dem trubel des überflusses, des überflüssigen, unter dem ego-istischen denken und dem ersten bis zehnten blick auf das eigene leben, bevor der andere überhaupt wahrgenommen wird.
eine der krankheiten unserer gesellschaft, wie ich meine.
es findet eine überhäufung und entsprechend eine übersättigung statt. die nachrichten sprechen von hunger in 40 staaten und da fällt dem medienkonsumenten glatt nicht mehr auf, ob es 40 sind, oder nicht doch 70...?!
das leid wird informationstechnisch konsumiert, wie alles andere im überfluss und somit bleibt das, was ich in dem anderen beitrag ansprach... - man muss überbieten.
es reicht nicht mehr zwei politiker mit einer autobombe hochgehen zu lassen, es müssen die twin-towers sein, es reicht nicht mehr, eine frau zu vergewaltigen, es muss eine massenvergewaltigung, möglichst brutal, am besten von einer minderheitsgruppe sein...
der nebel der übsättigung lässt blicke unklarer werden trübt die wahrnehmung und so braucht es auch ein grosses attentat wie dieses, um die menschen zum denken anzuregen.
sie regen sich nun auf -nicht, weil ihnen unbekannt ist, dass diese abgründe existieren, wie ich meine.
sondern weil es ihnen vor augen geführt wird, weil relativiert wird, weil das hübsche bild was man sich gemalt hat, die fassade, mühsam bepinselt, bröckelt und zerfällt.
neu ist diese brutale form des terrorismus nicht in dem sinne, neu ist, gegen wen sie sich in welcher form wendet, dass die fronten verändert sind, dass die masse das opfer ist, ohne kriegserklärung - auch wenn die erklärung in dem verhalten der menschheit, der abstumpfung und der mangelnden wertigkeit und ethik sicher zu finden ist...

>Es ist eine Frage der Ethik: früher wäre es feige gewesen, einen Feind heimlich in den Rücken zu fallen. So ein Anschlag wie in New York wird auch als feige und hinterhältig bezeichnet, sind einfach inkonsquente Denkfolgen aus einer Zeit, als es noch Ethik gab.

* es sind relikte aus dieser zeit, ja.. aber genau das meine ich.. es wird einen vor augen geführt, dass! es eben feige ist, dass! diese unserer ach-so-grosse-sicherheit eine farce ist und nicht mehr, es erinnert daran, dass es soetwas wie ethik gibt...
manche menschen beginnen zu denken und rücken zusammen, andere sehen nur das feindbild.. die bösen.. die unethischen haben eben... - ohne sich den spiegel vorzuhalten und zu sehen, dass es ein globaler mangel sein könnte...
wie dem aber sei, so ist sicher hinterhältig, feige und vor allem voll wahnwitziger brutalität was da geschah...
unter logik betrachtet eine vorhersehbare abfolge einer entwicklung, die daraufhin zeigt, dass in einer ethik-werte-anstand-respektlosen zeit keiner erwarten sollte, dass anschläge, terrorakte von besonderer ethik zeugen sollten...
sicher inkonsequent, aber vielleicht eben auch eine menschliche reaktion, in dem sinne, als dass endlich mal eine menschliche reaktion gezeigt wird, menschlich im sinne von menschlichem, mitfühlendem, ergriffenen, wertigen denken..
und vielleicht doch auch ein zeichen,d ass in dieser beknackten welt doch noch so etwas wie gefühl existent ist, auch wenn es leider von vielen erst dann "abgesondert" wird, wenn solche dinge geschehen.. schlimm genug...

>Also, warum soll man denn nicht so einen Anschlag machen, wenn die Welt heute in hinterhältiger Art und Weise Geschäfte und Verträge macht, wo Existenzen und Leben vernichtet werden? Früher durften nur die Juden Geldgeschäfte machen, weil es gegen die ethischen Grundsätze sprach.

** richtig, wie gesagt, mit logik.. ja... warum soll man es nicht tun, wenn es doch ohnehin üblich ist, ohne respekt und achtung, werte und ethik zu leben...
aber dennoch,,, siehe oben....

>Es ist einfach inkonsequent am Computer seine Brokerspielchen zu machen und dann aus Angst schreien, man könnte unvorbereitet angegriffen werden.

+++ das ist aber das unrealistische, eben der verklärte blick...
es wird ein bild geschaffen, in dieser westlichen welt, von einem sichereren leben, in dem man ohne gefahr selbst gefährden darf, in dem man eben erst dann beginnt zu denken, wenn das wasser oben in den hals läuft...
unter dem blickpunkt ist es sicher inkonsequent... aber ich denke doch, dass es unter menschlichen aspekten verständlich ist...


>Wie gesagt, ehe Ihr spontan auf diese Beitrag antwortet und vielleicht in Vorwürfe ausbrecht, denkt ganz lange darüber nach. Es ist schwer zu verstehen, aber nach philosophischen Grundsätzen logisch schlüssig. Hab selber lange darüber gegrübelt.

* wie gesagt...nicht spontan.. keine vorwürfe...
es ist richtig, wenn man es logisch aufschlüsselt, es ist wahr, unter dem aspekt der lausigen entwicklung der menschheit.
dennoch finde ich aber, dass dieser akt nicht allein unter dem aspekt der logik betrachtet werden sollte.
der mensch ist nicht logisch, der mensch - wenn er den denkt- denkt auch selten logisch und zudem ist das, was in den usa geschah etwas, was die emotionen anspricht und nicht den kopf, was das herz trifft und das schreit, ohne den kopf zu befragen.
logisch schlüssig.. ja...
aber mit einem leider... denn das ja steht für die traurige entwicklung, die ja dahin gehen muss, dass solche dinge geschehen, das leider steht dafür, wie es aussieht in unseren köpfen und wie wir uns verhalten.
ich meine aber, wenn wir diesen geschehnissen nur mit logik gegenübertreten, so geht etwas verloren.
nämlich die hoffnung, dass es anders sein könnte, die hoffnung, die uns dochmanches mal oben halten kann, die hoffnung, dass es ein aufwachen geben könnte, und sei es im kleinen.
der idealismus und der gedanke, für etwas gutes stehen zu wollen, sich darum zu bemühen, der gedanke nicht aufzugeben, dass es vielleicht doch nicht so ist, in dieser welt.
und auch das mitgefühl geht verloren, denn der aufschrei des entsetzen zeigt in meinen augen nicht nur unter deinem aspekt inkonsequenz, sondern auch, dass unter den toten gefühlen und werten noch dinge sind, die reanimiert werden können.
der aufschrei ist nicht nur entsetzen, nicht nur die frage nach dem "wie sicher sind wir", nicht nur die polemisch-patriotische reaktion mancher, sondern bestimmt auch einfach das gefühl über recht und unrecht.
und auf wenn es soviel unrecht gibt, so viel unrecht ist, so ist es doch zumindest in all diesem desaster ein zeichen, dass manche wenigstens noch in einem derartigen akt reaktion zeigen und soetwas wie gefühle haben, und wenigstens in einem solchen übermass an gewalt begreifen, dass es einmal etwas gab, was recht hiess und unser leben im ursprung mitbestimmen sollte...
oder nicht??
ganz liebe grüsse, barbara





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