Ibo hatte am Nikolausmorgen verschlafen


[ Reisen Cabo Verde - Kapverdische Inseln ]


Geschrieben von Peter am 16. April 2002 17:55:18:

Nikolaus und Leitkultur

Wir, meine Frau Rosi und ich, sind bekennende Merz-Fans.
Seine Thesen begeistern uns und wir haben uns
vorgenommen, in seinem Sinne zu wirken und unsere
deutsche Leitkultur an türkischen Freunde weiter zu geben.

Über einen schönen ersten Erfolg , wenn auch anders, als
von uns geplant, können wir berichten.

Peter Warsinski

Leitkultur

Unser Freund Ibo ist ein freundlicher, lustiger und intelligenter Mensch. Wir
mögen ihn sehr. Es betrübt uns nur immer wieder, dass er so tief in seiner
türkischen Kultur verhaftet ist und unserer deutschen Leitkultur, nicht die vom
Fraktionsvorsitzenden Merz geforderte Liebe entgegen bringt.

Das wollten wir ändern. Für eine behutsame und pädagogisch geschickte
Einführung in die Leitkultur erschien uns nichts geeigneter, als unser
traditionelles, vorweihnachtliches Brauchtum. Ganz besonders der bevorstehende
Nikolaustag bot sich an. War nicht der gute, alte Nikolaus, dessen Sarkophag
noch heute in Demre, der Wirkungsstätte des wohltätigen Bischofs zu
besichtigen ist, durchaus als ein früher Türke anzusehen?

Listig luden wir uns am Abend des 5. Dezember zu einem Besuch bei Ibo ein. Wir
plauderten über dies und das, tranken endlos Ibos vorzüglichen Cay und
warteten auf eine günstige Gelegenheit, unseren so raffiniert ausgeklügelten Plan
in die Tat umsetzen zu können.

Der lang ersehnte Moment kam, als unser Freund sich in die Küche begab, um
frischen Tee zu bereiten.

Leise und von Ibo unbemerkt schlich ich mich an der offenen Küchentür vorbei
zur Wohnungstür, wo in Reih und Glied unsere und Ibos Schuhe standen. Schnell
und voll heimlicher Vorfreude versenkte ich einen stanniolumhüllten
Schokoladennikolaus und ein paar andere süße Kleinigkeiten in einem von Ibos
Schuhen.

In froher Erwartung malten wir uns auf dem Heimweg aus, wie am Morgen des
Nikolaustages die Liebe zur deutschen Leitkultur in Ibos Brust entbrennen würde.
Nicht lange mehr würde es dauern und er würde seinem trostlosen türkischen
Männercafe entsagen und in froher Runde in einer Berliner Eckkneipe Bier und
Wodka trinken. Vor unserem geistigen Auge sahen wir ihn schon in
fortgeschrittener Stimmung schunkeln und "Warum ist es am Rhein so schön .."
singen. Unsere Fantasie schlug die tollsten Kapriolen und weder Toilettenpapier
noch Schweinebraten waren Tabuthemen für uns, selbst die Vorstellung, Ibo
könnte der CDU beitreten, hatte nichts Absurdes mehr.

Wir groß war unsre Enttäuschung, als wir weder am 6. Dezember noch an den
folgenden Tagen etwas von unserem Freund hörten. Schließlich, es war am 9.,
hielten wir die Spannung nicht mehr aus und riefen Ibo voller Neugier an.

Er war seltsam zurückhaltend und schien verärgert. Irgend etwas musste schief
gelaufen sein. Nach und nach gelang es uns, den Grund seiner Verstimmung
heraus zu bekommen.

Ibo hatte am Nikolausmorgen verschlafen und war in Eile. So registrierte er zwar
beim Anziehen seiner Schuhe, dass da etwas nicht stimmte, aber er hatte keine
Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen. Im Laufe des Tages hatte er immer
wieder die Empfindung, neuerdings an einem rechtsseitigen Schweißfuß zu leiden.
Er nahm sich vor, gleich nach Feierabend in der Apotheke um die Ecke einen
deodorierenden und schweißhemmenden Fußspray zu besorgen.

Nach Feierabend verschob er seinen Cafebesuch auf den späteren Abend und
ging auf direktem Wege nach Hause. Die Freunde konnten warten. Erst einmal
wollte er der lästigen Geschichte mit dem frisch erworbenen Spray zu Leibe
rücken.

Dem stellte sich ein unerwartetes Hindernis entgegen. Ibo schaffte es nicht, den
rechten Schuh auszuziehen. Der Fuß klebte hoffnungslos fest, als wäre der
Schuh angewachsen. Nach vielen verzweifelten Versuchen, die vertrackte
Fußbekleidung los zu werden, blieb Ibo in seiner Not nichts weiter übrig, als
bekleidet mit einem Schuh und der Hose, die sich nicht über den Schuh ziehen
ließ, ein heißes Bad in der Wanne zu nehmen und abzuwarten, bis sich der Fuß
aus seinem Gefängnis befreien ließ. Es ist zu vermuten, dass die Gedanken, die er
uns während dieser Einweichphase widmete, weniger freundlich waren, als sie es
normaler Weise sind.

Betroffen sahen wir uns an. Wir waren gescheitert. Angesichts eines Paares
verdorbener Schuhe, war die deutsche Leitkultur weniger verlockend für Ibo, als
je zuvor. Obendrein hatten wir in unserem Eifer unsere Freundschaft einer harten
Belastungsprobe ausgesetzt.

An unserem Misserfolg und unsere Enttäuschung hatten wir eine Weile zu
knabbern. Später wurde uns bewusst, dass wir so erfolglos doch nicht gewesen
waren. Im Gegenteil. Wir hatten vermutlich mehr erreicht, als wir es uns für den
Anfang vorgenommen hatten.

Vollbäder in der Badewanne sind schließlich im Islamischen Kulturkreis
weitestgehend unüblich und als "Baden im eigenen Schmutz" tabuisiert. Es war
uns also tatsächlich gelungen, Ibo zu bewegen, mit seinen überkommenen
Traditionen zu brechen , kulturellen Ballast abzuwerfen und sich den Segnungen
der deutschen Leitkultur zu öffnen.

Wir wollen jetzt einen Erfolgbericht an Friedrich Merz schreiben. Er wird sich
freuen.

Peter





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