Re: Zum Thema Auswandern
Geschrieben von Stefan am 21. Juni 2002 21:47:28:
Als Antwort auf: Re: Zum Thema Auswandern geschrieben von alfred am 21. Juni 2002 15:10:10:
Hallo Alfred,
die Frage, die Du stellst, ist ebenfalls wichtig.
Zwei Drittel der Kapverdeaner leben ja im Ausland, über 70 % der Dagebliebenen möchten auswandern, wie eine Umfrage der "A Semana" ergab - die Kapverdeaner träumen von einem Leben im goldenen Westen. Nun kommen aber Weiße nach Cabo Verde, freiwillig. Wie kommt das denn, fragen sie sich? Wie kann man freiwillig in unser Land kommen, in dem es über 50 % Arbeitslosigkeit gibt, in dem viele in Armut leben? Die müssen verrückt sein, diese Weißen. Das ist ein Gedankengang, den ich mit vielen Kapverdeanern diskutiert habe.
Und natürlich kommt Neid auf, den Barbara weiter unten anspricht. Viele Kapverdeaner arbeiten wie die Europäer viele Stunden am Tag, falls es nicht als Arbeitnehmer ist, dann jedoch im Haushalt oder in der Landwirtschaft. Aber sie verdienen wesentlich weniger oder gar nichts. Sie können sich nicht die tollen Klamotten leisten, die ein Weißer trägt, kein Auto kaufen und ein paar Mal im Jahr zwischen Europa und Cabo Verde hin- und herfliegen. Erst kommt der Neid, dann der Hass, teilweise verbunden mit Kriminalität. Kann man nicht verstehen, wenn Europäer in Cabo Verde beklaut werden? Ein weißes Ehepaar gibt durchschnittlich 10.000 ECV (ca. 91 Euro) pro Nacht für ein Vier-Sterne-Hotel auf Sal aus, ein Kapverdeaner verdient durchschnittlich 10.000 ECV – 15.000 ECV pro Monat. Auf Sal ist es inzwischen etwas mehr (bis zu 35.000 ECV). Auf Sal bezahlen Weiße in den Bars 150 – 250 ECV (1,36 – 2,27 Euro) je Bier. Viele Kapverdeaner können sich das nicht leisten. Was sollen sie denken?
Hinzu kommt dann noch die arrogante Art der Westeuropäer: ihr müsst noch unheimlich viel lernen, ihr armen Kapverdeaner. Unser Lebensstil ist der wahre Weg – der Weg zum Glück!Herzliche Grüße
Stefan