Re: WAS SUCHT IHR IN CABO VERDE ?


[ Reisen Cabo Verde - Kapverdische Inseln ]


Geschrieben von Juergen am 24. Februar 2001 00:09:12:

Als Antwort auf: Re: WAS SUCHT IHR IN CABO VERDE ? geschrieben von alfred am 23. Februar 2001 15:30:29:

>Eigentlich wollte ich erst wieder im Forum schreiben, wenn ich mit meiner Arbeit auf dem aktuellen Stand bin, aber das ist eine Diskussion, die ich schon lange einmal anzetteln wollte:
>Luigi lebt hier auf Cabo Verde, ich auch. Beide arbeiten wir im Bereich Tourismus, beide fühlen wir uns hier zu Hause. Damit will ich sagen, daß wir uns als Gastgeber fühlen, daß wir unseren Gästen das Bestmögliche bieten wollen, daß wir unsere Wahlheimat näher bringen wollen, daß wir wollen, daß unsere Gäste unser Land sehen, wie es wirklich ist.
>Manchmal allerdings - jetzt seltener, früher passierte mir das bei meiner Arbeit häufiger - fühlen wir uns als Dienstboten der Gäste in unserem eigenen Land. Stefan, kannst Dich erinnern an die Diskussionen, die wir hier hatten?
>Aus dieser Situation heraus komme ich - ich denke, Luigi geht es genauso - doch oft ins Nachdenken und frage mich das, was Luigi mit diesem Beitrag auch gefragt hat: wonach suchen die Leute, wenn sie Cabo Verde besuchen. Wollen sie Gast im Land sein? Oder wollen sie einfach für Geld sich selber befriedigen lassen? Fühlen sie sich als Herren, weil sie mehr Geld haben? Spüren sie überhaupt, daß sie willkommen sind und nicht nur Kunden?
>Oft frage ich mich auch, warum gerade Cabo Verde? Warum nicht irgendwohin, wo es billiger und komfortabler ist? Warum habe ich Gäste, die immer wieder kommen, oft schon zum sechsten Mal?
>Für mich kann ich sagen, daß ich seit unserer "Kulturrevolution" in der ALSATOUR nicht nur wirkliche Gäste habe, ich habe auch sehr viele Freunde gewonnen. Warum? Liegt es am Land, liegt es an mir? - Ich frage mich aber auch, warum war das früher in unseren "Veranstalterzeiten" so ganz anders? - und das ist eigentlich die Kernfrage: "Was hatten damals diese Leute in Cabo Verde zu finden geglaubt?"
>Luigi, war das so gemeint? - Leute, was meint Ihr dazu
>
>mit ganz herzlichen Grüßen von einem ackernde - aber Schimmer am Horizont sehenden
>alfred
>PS: bei der Gelegenheit ganz herzlichen Dank an alle, die mir mit Antworten im Forum weiterhelfen und vielen Dank für alle, die ihre Erfahrungen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen

Lieber Alfred,
Du schreibst und fragst aus der Perspektive des Gastgebers über Deine Wahlheimat und die Menschen, die das Land kennenlernen möchten. Ich mag antworten aus der Perspektive des Gastes, dem Du mehrmals ermöglicht hast, Cabo Verde (wahrscheinlich auch in Deinem Sinne) kennenzulernen.
Und da ist mir zuerst aufgefallen, dass es offensichtlich einen Unterschied zwischen "Urlaubern" und "Reisenden" gibt. Beides ist bei den Besuchern Cabo Verdes mit unterschiedlichen Erwartungen besetzt und dementsprechend unterschiedlich reagieren sie auf das Land und Dein Angebot. Ein Urlauber kann wohl das Gefühl des Dienstboten vermitteln, wenn er Dienstleistungen einfordert, die in Cabo Verde nicht oder nur sehr schwer zu erbringen sind. Ganz abgesehen davon, daß ich es sehr problematisch finde, materielle Dinge zu fordern, die sich der allergrößte Teil der Bevölkerung nicht leisten kann. Der Urlauber sucht Abwechslung von seinem Alltag, mag Events erleben, die zu Hause zu kurz kommen, mag vielleicht auch einmal so richtig "bedient" werden. Diese Menschen sind tatsächlich in anderen Ländern mit erheblich besserer touristischer Infrastruktur gut aufgehoben.
Für die Reisenden, und in meinem Verständnis hat "reisen" auch etwas mit "suchen" zu tun, bieten sich in Cabo Verde mit Deiner oder auch Luigis Hilfe, sehr gute Möglichkeiten, Land & Leute kennenzulernen. Und kennenlernen heißt: Zu sehen, wo und wie leben die Menschen dort; worin unterscheiden sich die Lebensformen von Europa und Cabo Verde; bekomme ich Impulse für mein eigenes Leben. Da stecken Fragen und Bedürfnisse dahinter, die vielleicht in anderen Ländern gerade wegen der touristischen Infrastruktur nicht beantwortet bzw. befriedigt werden können.
Ich mag gar nicht behaupten, dass ich mich nicht mal gerne auch bedienen lasse und ein "Sundowner" in Tarrafal/Santiago auf der Terrasse des Baia Verde bei Sonnenuntergang hat für mich auch Erholungswert. Dabei spielt aber schon eine Rolle, wer am Nebentisch sitzt. Da kommen wieder Deine/Eure Gäste ins Spiel. Andere Reisende da zu treffen, mit einem Lehrer aus Tarrafal über den Unterricht und die Zukunft der Kinder zu sprechen und zu erzählen, wie ich es in Deutschland sehe, gehört auch zur Reise. So finde ich inner- und interkulturellen Austausch, den ich anregend empfinde und der den Sonnenuntergang auf der Terrasse zum Höhepunkt werden lässt.
Und Du trägst mit Deiner Beratung, Deiner Organisation und Deinem Kontakt dazu bei, dass wir uns als Gäste wohlfühlen. Und auch willkommen im Land. Und nicht nur des Geldes wegen, das wir in ein Entwicklungsland bringen.
Sei herzlich gegrüßt
Jürgen.





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