Re: Tourismus und Umwelt


[ Reisen Cabo Verde - Kapverdische Inseln ]


Geschrieben von Beatrice am 04. März 2001 23:41:44:

Als Antwort auf: Re: Tourismus und Umwelt geschrieben von alfred am 04. März 2001 19:46:29:


Hallo Alfred
>Beatrice, ein sehr interessantes Thema, was Du da angerissen hast. ... Mich selber würden Deine Ausführungen interessieren, wie sich Tourismus und Industriealisierung auf Deine Heimat ausgewirkt haben. ...
>Schreib halt ein wenig Deine Gedanken, wird sicher nicht nur mich interessieren

OK, mal sehn wie ich da anfangen kann, ohne hoffentlich allzu langweilig zu werden:
Das Tessin ist etwas 2'800 km2 gross, mit etwa 300'000 Einwohnern. Obwohl wir fuer unsere Seen und Palmen bekannt sind, handelt es sich um einen bergreichen Kanton: 405 km2 sind ohne Vegetation und 313 km2 sind Alpenweiden: Das ist fast 1/4!
Meistens an den zum Teil recht steilen Haengen der Berge findet man die Waelder (zum Teil durch sauren Regen beschaedigt, das kommt noch dazu): 1'355 km2! Fast die Haelfte der Flaeche!
Dazu kommen etwa 300 km2 "unproduktive Flaeche"
Was findet man "unten", in den Ebenen? 122 km2 sind Seen und Fluesse, 35 km2 Strassen! Landwirtschaftlich genutzt sind 116 km2. Bebaut sind 7 km2 durch die Industrie und 79 km2 durch andere Bauten.
VOn den 166'000 Wohneinheiten sind 49'000, ueber 1/4 nur teilweise bewohnte Wohnungen, d.h. dazu gehoeren alle Ferienwohnungen. 1996 hatten wir 2'660'000 Uebernachtungen (1991 waren es noch 3'470'000!).

Wir haette nach Gesetz anrecht entlang unserer Seen einen freien, begehbaren Guertel zu haben, aber da stehen nun viele Ferienvillen! Die Leute waren arm und verkauften ihr Land an reichere Leute, die auf diesem Land ihre Ferienwohnungen bauten. An den meisten Orten ist uns also der Zugang zu "unseren" Seen verunmoeglicht.

Ins Verzascatal, ein schoenes steiles Tal, fahr ich meistens nur wegen meiner Arbeit frueh, frueh morgens hin, denn spaeter stauen sich die Cars mit den Touristen, die dieses wilde schoene Tal bestaunen wollen. Sie kommen und sie gehen.

Im Winter ziehen sich die Autokolonnen weit bis ins Tal, wenn die Leute zum Skifahren/Wandern in die Taeler fahren. Da es nicht immer schneit, fordern die Unternehmer Schneekanonen. Aber Winter ist meistens eine trockene Jahreszeit bei uns, wo es sogar Waldbraende geben kann. Den Fluessen noch das restliche Wasser abziehen...! Sie werden schon von Kraftwerken genutzt, durch "Korrekturen" zu schnurgeraden, "unbewohnbaren" Wasserkanaelen gemacht worden! Die wasserreichen Seen sind viel weiter unten. Aber muss man umbedingt da skifahren???

Der Tourismus hat viel Wohlstand gebracht und wo er jetzt am abnehmen ist, spuert man die Krise. Was machen? Jeder kennt Heidi und ihren Geissenpeter! Aber niemand hier will wieder einen Geissenpeter sein! Auch hier sind die Leute in die Stadt, in die Industrie und spaeter in die Dienstleistungsbranche. Die idyllischen kleinen Doerfer sind langsam leer: Oft nur noch schoene Fassaden fuer den Tourismus. Was ist das heutige Tessin???

Das etwas mit unserer Umwelt/Landschaft nicht stimmt muss wohl auch der Kurverein gemerkt haben, wieso wuerde er sonst so oft "Belle Epoque" Plakate fuer die Werbung benutzen? Retouschierte Ansichtskarten hab ich auch schon gesehen, wo ein Teil der Haueser gruen uebermahlt war!

Die Berglandwirtschaft, die unsere Alpen zu dem gemacht hat was jeder kennt, muss unterstuezt werden, sonst wuerde sie im heutigen Konkurenzkampf nie ueberleben. Ohne Berglandwirtschaft keine Alpenweiden mehr, dafuer groessere Erdrutsch- und Lawinengefahr, Verwaldung der Wiesen, etc. Der Bergbauer wird zum Landschaftspfleger!!! Wenn die Allgemeinheit einen Nutzen aus seiner Arbeit zieht, dann soll sie ihn auch dafuer bezahlen!

Im Sommer haben wir hier hohe Ozonwerte, wegen der starken Sonneneinstrahlung und im Winter bleiben die Abgase und der Heizungsrauch zum Teil in den Taelern: Die Kinder haben immer oefter Husten, Schnupfen, Entzuendungen der Bronchien, und dies auf chronische Art. Das ist natuerlich nicht nur wegen dem Tourismus. Aber bei uns laeuft auch eine der wichtigsten Nord-Sued Autobahnen durch, und zu Ferienzeiten stauen sich auch all die Touristen die bei uns "nur" vorbeifahren! Und am Himmel ist es das gleiche, speziell nachdem der Flughafen von Malpensa eroeffnet worden ist.

OK, dies ein paar "Steine" die ich in den Teich werfe, einzelne Gedankenanstoesse: Jetzt kaeme das Kapitel "und was such ich dann in den Kapverden" zum Beispiel. Aber fuer's erste glaub ich genuegt es, oder?

Herzlichst,
Beatrice





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