Re: hm


[ Reisen Cabo Verde - Kapverdische Inseln ]


Geschrieben von alfred am 30. Juli 2003 02:26:02:

Als Antwort auf: Re: hm geschrieben von Joachim am 18. Juli 2003 15:38:33:

Lieber Joachim,

hat gedauert mit meiner Antwort, aber die Prioritäten waren halt woanders, was Du sicher verstehen wirst.

Das sind so viele Punkte, ich werde da doch besser zwischen den Zeilen schreiben

>hallo alfred,
>das glaubst du jetzt aber selbst nicht so ganz was du schreibst, oder ? die population einer kleinen insel mit wenig einwohnern hängt sicher von der anzahl der frauen ab. aber auf cabo verde ?

Doch hängt die demographische Entwicklung auf Cabo Verde wie überall von der Anzahl der gebärfähigen Frauen ab. Nimm einen Hühnerhof als Beispiel: 10 Hähne und eine Henne = maximal ein Ei pro Tag - 10 Hühner und ein Hahn = maximal 10 Eier pro Tag


und ist jetzt 4 zu 7 eine rechtfertigung oder wozu nennst du diese zahlen ? im gesamtschnitt wird sich das sicher so auf 50 / 50 einpendeln.

nun, die Anzahl weiblicher und männlicher Kinder kann man so einfach nicht vorher bestimmen, sollte eher Humor sein - allerdings mit insofern ernstem Hintergrund, daß meine Arbeit nicht unbedingt zur Bevölkerungsexplosion beitragen wird.
Ob sich bei mir ein 50 / 50 Verhältnis einpendeln wird, das wissen die Götter. An sich hat Christine nicht vor, in absehbarer Zeit noch mehr Kinder zur Welt zu bringen. Solidarisch teile ich meine Meinung mit ihrer


>woran krankt es denn in afrika, cabo verde ? die altersstruktur stimmt einfach nicht, schätzungsweise 60 % der bevölkerung sind unter 20 jahre alt (meine schätzung, ich glaube die realität ist schlimmer).

nun mal langsam: eine junge Population ist wesentlich produktiver und beschert Wohlstand, weil nicht so viele alte Leute durchzufüttern sind. Afrika krankt nicht an der Altersstruktur, Afrika krankt an dem herrschenden Wirtschaftssystem. In einer Planwirtschaft wäre das ein unheimlicher Glücksfall, so eine junge Bevölkerung zu haben.
Nehmen wir wieder ein Beispiel: Du hast eine Pferdespedition. Was ist denn besser, wenn das Durchschnittsalter Deiner Zugpferde bei 7 Jahren liegt oder bei 16?
Du kommst doch aus der Versicherungsbranche. Wenn Du eine Krankenversicherungsgesellschaft hättest, hättest lieber junge Leute oder lieber alte? Noch schlimmer ist das bei einer Lebensversicherungsgesellschaft!

die leute finden keine arbeit, keine ausbildung, keine zukunft außer dem gedanken die inseln zu verlassen und nach europa oder amerika zu gehen.

Filipe, mein Ältester hier auf Cabo Verde, hat heuer sein Abitur auf Sto. Antao gemacht - keine Ausbildung? Die Gymnasialausbildung kostet entsprechend dem Einkommen der Eltern, also auch für die Leute erschwinglich, die nur ein geringes Einkommen haben.
Jetzt habe ich im Eifer die Ausbildung vorgezogen, nun aber auch noch zur "keine Arbeit": das ist überall auf der Welt leider das Gleiche, daß es eigentlich überall genug Arbeit gibt, Probleme gibt es bei der "Lohnarbeit", wenn Unternehmer nicht genügend oder nicht adäquate Stellen bieten. Ich selber habe in meinem Leben noch keinen Tag gehabt, an dem ich arbeiten wollte, aber keine Arbeit hatte.
Filipe arbeitet mit mir in unserem Verband. Er wird innerhalb der Firma (praktisch die Holding) seine eigene Firma aufbauen. Diese soll er dann an meinen Zweitältesten, dem Fernando übergeben, dafür soll dieser sein Studium finanzieren. Mal sehen, ob sie diese Chance erkennen.
Es gibt eine Reihe von Filipes Freunden, die bei mir Arbeit finden können, denn Arbeit gibt es bei mir genug. Hätten noch mehr Unternehmer die nötige Kreativität - nicht nur hier, sondern weltweit - dann bräuchten wir nicht über Arbeitslosigkeit jammern.
Was de facto ein Problem für Länder der Dritten Welt ist, das ist die Tatsache, daß ihnen der Zugang zu den Märkten verwehrt wird, wo wirklich Kaufkraft vorhanden ist.


>warum haben die jungen leute diesen wunsch ? sie wohlen mehr wohlstand für sich und ihre familie.

da hast Du recht, viele Leute wollen ins Ausland, weil sie sich dort ein besseres Einkommen erwarten. Aber inzwischen gibt es auch schon junge Leute, die schon mehr Bildung bekommen haben, die gar nicht ins Ausland wollen. Nur darf man halt nicht darauf warten, daß man einen Job angeboten bekommt, man muß selber Initiative ergreifen. Aber auch das hat nicht nur für Cabo Verde Bedeutung.


>man muss das ganze doch mal komplex betrachten. bei dir ist das sicher erstmal nicht das problem, die versorgung und bildungsschiene ist denke ich mal sichergestellt.
>die probleme kommen in einigen jahren, wenn deine kinder drüber nachdenken warum sie auf cabo verde leben und z.b. nicht in österreich oder deutschland.

Da muß ich wieder meinen Filipe anführen: er ist hier geboren, kennt gar nicht aus eigenem Erleben Europa. Er hätte genug Möglichkeiten in Europa Fuß zu fassen - nur, seine Heimat ist Cabo Verde und er sieht nicht ein, warum er plötzlich nach Europa gehen sollte, wenn nicht für ein Studium. Aber da möchte er lieber nach Brasilien, diese Kultur ist ihm näher. Das Selbe gilt auch für die anderen, so weit das bei denen schon ein Thema ist.
Felix und Stinchen haben ja Europa erlebt. Stinchen kann sich nicht mehr sosehr erinnern oder es ist kein Thema für sie. Felix erzählt noch öfter von dieser Reise, so in etwa, wie so manche Leute aus Europa auch noch über ihren Urlaub auf Cabo Verde reden.
Die Kinder sind hier geboren und aufgewachsen. Das Vertraute und Gewohnte ist auf Cabo Verde, Europa ist für sie Ausland und fremd. Also ich sehe da auch bei sehr komplexer Betrachtung keine Probleme. Zukunft in Bezug auf Erwerbstätigkeit scheinen sie hier mehr zu haben als so manche jungen Leute in Deutschland. - Und außerdem steht ihnen die Welt mit zwei Staatsbürgerschaften offen, sie können jederzeit losziehen und ihr Glück in Europa suchen.


>zu barbaras beitrag antworte ich lieber nicht, ich käme sonst zu dem schluss, dass "wir" afrika nun auch noch in der art und weise ausbeuten, dass wir dort als reiche europäer unsere kinder in die welt setzen und die situation im land verschlimmern.
>denk mal über die punkte nach:
>kindergarten

Felix hat sein erstes Vorschuljahr hinter sich mit seinen 4 Jahren. Er schreibt seinen Namen, zeichnet schöne Bilder, schreibt die Zahlen von eins bis zwanzig, singt, bastelt. Er spricht inzwischen auch Portugiesisch, Creolo und weiterhin recht gut Deutsch mit einem sehr großen Wortschatz, weil ja seine Welt etwas weiter ist durch dieses multikulturelle Dasein. Wir sind eigentlich sehr zufrieden mit seinem Werdegang, die "Monitora" hat eine gute Ausbildung und ist engagiert, die Kinder auf die Schule vorzubereiten.

>schule

Filipe ist mit dem Gymnasium fertig, Fernando im nächsten Jahr, Susana hat noch drei Jahre, Frederico geht in die zweite Klasse vom Gymnasium und Florian fängt im nächten Jahr mit dem Gymnasium an. Vom Ausbildungsniveau meine ich doch, daß wir uns in Cabo Verde nicht vor dem Vergleich mit deutschen Schulen scheuen brauchen. Schade, daß es bei uns keine Pisa-Studie gab, könnte man dann besser abschätzen.

>weiterbildende schulen
In Mindelo gibt es zwischenzeitlich ein so breites Angebot, daß ich es gar nicht vollständig aufzählen kann. Geht von Betriebswirtschaft über technische Berufe bis zu schönen Künsten. Da ist wirklich viel geschehen. In Praia gibt es in der Zwischenzeit auch schon eine Hochschule.

>studium

siehe oben - aber auch ein Studium via Internet ziehen wir in Betracht.

>ausbildung

wenn Du damit Lehrberufe meinst, da sieht es wirklich nicht sehr gut aus. Aber bisher mußten wir solche Angebote nicht in Anspruch nehmen.


>arbeit
hatten wir schon das Thema. Bei mir ist genug Arbeit zu tun. Hängt halt davon ab, wie die Kinder Initiative und Chancen ergreifen können, sich in unserem Rahmen etwas aufzubauen. Aber ich denke, das sieht gar nicht so schlecht aus. Jedenfalls macht das keinen Unterschied hier zu Deutschland, denn wenn es Schlappohren werden, dann würden sie in Europa auch von einer Umschulung zur anderen gehen - so lange es das überhaupt noch gibt.

>altersvorsorge (jedes kind wieder 11 kinder ?)
ich kenne mich ein wenig mit der Altersversorgung in Deutschland aus, deshalb habe ich in dieser Richtung auch nie Geld ausgegeben. Eine Einheitsrente, so wie es diese auch in Deutschland geben wird, gibt es hier auch. Ich denke, daß man nie auf solche "öffentliche" Vorsorge alleine bauen sollte. Da ist es schon ganz gut, wenn man einen Betrieb zum Übergeben hat, wovon man dann leben kann. Außerdem möchte ich selber so lange arbeiten, so lange ich auch kann. Mir macht meine Arbeit Freude, deshalb habe ich auch keine so großen Bedürfnisse auf einen Ruhe(zu)stand.
Nochmal zum Thema Anzahl der Kinder, diese Perspektiven sind mathematisch gut zu lösen: fünf Frauen und ein Mann haben gemeinsam 11 Kinder, das heißt auf jeden der Beteiligten kommen 1,83 Kinder. Das wiederum heißt, daß nach dem von Dir zitierten Vorsorgemodell jedes meiner Kinder 1,83 Kinder haben sollte - natürlich zusätzlich noch die den Partner zustehenden Kinder.

>mal alles nicht zwingend auf dich bezogen, du lebst dort ein anderes leben als viele das können. zwar einfach, aber mehr oder weniger ohne finanzielle sorgen wie du deine kinder versorgen kannst.
>gruß joachim


ich hoffe, daß ich damit ein wenig zur Klärung beitragen konnte. Es hat sich in den letzten Jahren wirklich sehr viel getan, die Welt hier ist inzwischen eine andere.

Ganz viele Grüße


alfred






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