wer fortgeht, nimmt sich mit


Reisen Cabo Verde - Kapverdische Inseln


Geschrieben von christine am 10. Oktober 2011 19:14:02:

hier ein Link, den ich gerne mit Euch teilen möchte:


http://tinyurl.com/6cz6ua

Alfred und ich jedenfalls, sehen uns in diesem Artikel sehr wieder.

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Wer fortgeht, nimmt sich mit, das ist kein Geheimnis. Die nationale Identität
inbegriffen. Nirgends ist ein Schweizer so sehr ein Schweizer wie im Ausland.
Das gilt für jede Nationalität: Erst als Anderer unter vielen Gleichen spürt
man, dass man anders ist. Und je andersartiger die neue Kultur, desto
deutlicher. Das kann bereichernd sein, aber auch erschreckend. In jedem Fall ist
es ein Paradoxon des Fortgehens. Man wähnt sich weit weg und findet alles in der
eigenen Brust.

Frisch angekommen in der neuen Welt, steht man da mit offenen Armen und offenem
Herzen, im Gepäck Neugier, Wohlwollen und Entschlossenheit, sich anzupassen und
das nationale Ego zurückzustellen. Anfangs hält man es schlicht für irrelevant,
im Zeitalter des globalen Dorfes sowieso. Früher oder später jedoch wächst das
Bedürfnis nach Selbstbehauptung. Und ehe man sich versieht, verteidigt man, was
man zu Hause kritisiert hat. Oft ist es profan: Das Chaotische, Exotische wird
abgewogen gegen das Strukturierte, Zuverlässige. In der ewigen Sonne gewinnt
selbst ein verregneter Sonntag im November an Schönheit.

Was nicht heisst, dass man den nächsten Landsmann, der einem über den Weg läuft,
in die Arme schliessen möchte; ganz im Gegenteil identifiziert man ihn in­tuitiv
als Vertreter jener Sorte, die alles verkörpert, was man noch nie ausstehen
konnte: das Pedantische, Miesepetrige zum Beispiel. In der Mischung ergibt das
eine diffuse Gemütslage, ein Auswanderer hat eine multiple nationale
Persönlichkeit. Zumal die Heimat seiner Erinnerung mit jener, die existiert,
selten übereinstimmt. Es geschieht etwas Seltsames: Sie wird immer schöner.
Heidi ruft.

In der gleichen Phase verliert das neue Zuhause an Glanz: Das Lebensfrohe kommt
einem nun oberflächlich vor, die Gelassenheit wie Sturheit. Meist hilft ein
Heimaturlaub, um die Dinge zu justieren und das Heimweh zu besänftigen. Mit den
Jahren wird der Auswanderer versöhnlich und fügt sich der schlichten Erkenntnis,
dass er es hier wie da mit Menschen zu tun hat. Kehrt er aber tatsächlich in die
Schweiz zurück, muss er feststellen: Das Heimweh bleibt. Nur gilt es jetzt einem
anderen Land.

Anja Jardine ist NZZ-Folio-Redaktorin.
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