Re: "Die Tourismus-Falle" - Zwei Beiträge in der ZEIT - stefan d


[ Reisen Cabo Verde - Kapverdische Inseln ]


Geschrieben von Stefan D. am 14. August 2001 12:14:08:

Als Antwort auf: Re: geschrieben von barbara am 10. August 2001 21:13:29:

Hallo Barbara,

>neokolonialismus ist in meinen augen, der lange schatten, den europa noch immer wirft.
>die kolonialisierung von damals hat ein angebliches ende gefunden.. und doch nicht...

Ja, das scheint so zu sein - siehe Benachteiligung von Entwicklungsländern in der globalen Wirtschaft.

>sie geht in anderem maße weiter, in dem der standard, der maßstab europa ist.

... oder eher Amerika. Wir erdreisten uns sogar unser System (heute glauben wir an die Demokratie, doch wieviel Demokratie haben wir wirklich?) als das einzig Wahre und Richtige zu sehen. Die Politik eines Landes wird gelobt, wenn eine Partei an die Macht kommt, die unseren Vorstellungen einer westlichen Demokratie/ unseres westlichen Kapitalismus (denn bei uns regiert Konsum und Geld) am nächsten kommt - siehe z.B. Lobeshymnen als Anfang der neunziger in Cabo Verde die MpD die PAICV ablöste.
Wir verurteilen den Islam - ohne ihn zu kennen, wir bezeichnen die wenigen Völker, die noch nicht ausreichend Kontakt zu unserer Zivilisation hatten, als primitiv ... wir akzeptieren andere Wege in anderen Ländern überhaupt nicht.

>wir in den industriestaaten wollen die entwicklungsländer unterstützen, (oder auch nicht..), die entwicklung vorantreiben...
>"entwicklung", "entwicklungshilfe"..
>die frage ist doch, was da entwickelt werden soll, in welche richtung und wenn man ein land als "nicht-entwickelt" bezeichnet, so muss man die frage stellen dürfen, inwiefern es nicht entwickelt ist.
>viele, nein, die allermeisten afrikanischen staaten sind unterentwickelt.

>aber: unterentwickelt in was??
>unterentwickelt in dem sinne, als dass die menschen arm sind. leiden, nichts zu essen haben, katastrophale medizinische und gesundheitliche verhältnisse herrschen.
>unterentwickelt was die wirtschaft angeht.
>aber wenn wir so weiterdenken, so finden wir auch in europa viele unterentwickelte länder...

Entwicklungshilfe sollte doch eher positiv gesehen werden. Wir verändern auch keine Kultur, wenn wir einem Land helfen die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu gewährleisten - oder einem Inselstaat im Küstenschutz oder bei der Sanierung seiner Häfen helfen ... oder Schulen und Krankenhäuser unterstützen. Jedoch unsere Kultur - verbunden mit unserer Konsumgesellschaft - sollte nicht das Ziel von Entwicklungspoltik sein - oder besser gesagt: Das Erschließen neuer Absatzmärkte für unsere Industrieprodukte.

>unterentwickelt in dem sinne, als dass wir das maß verloren haben, uns zum schöpfer ernennen, wenn wir als sämtliche industriestaaten glauben, mit gentechnik und embryonenforschung die welt verbessern zu können, leben zu schaffen und aufzuhalten (was in meinen augen fast an euthanasie grenzt...)

Ein schwieriges Thema, bei dem aus ethischen Gesichtspunkten Grenzen festgelegt werden müssen.

>unterentwickelt in dem sinne, als dass wir die augen verschliessen vor anderen dingen, dass wir egoman sind, dass wir keinen blick mehr für die wichtigen dinge im leben haben, ihn verlernten, uns an kleinen dingen nicht mehr freuen und auch ein lächeln schon ernsthafte anstrengung kostet.
>und nun wollen ausgerechnet wir unterentwickelten im moralischen,ethischen und menschlichem sinne den entwicklungsländern entwicklung und fortschritt bringen.

Diese Länder sind natürlich nicht moralisch, ethisch und menschlich unterentwickelt, sondern wirtschaftlich.

>am besten mit tourismus.

... und das soll die einzige Zukunft Cabo Verdes sein?!?

>mit tourismus, von dem die menschen in dem entwicklungsland nur dann etwas haben, wenn sie mit einbezogen werden, siehe alfred zum beispiel.
>siehe zeit-interview.. die wenigsten der menschen, die dort leben haben etwas davon...
>ihr lebensstandard wird nicht unbedingt besser, sie bekommen nur haufenweise "entwickelte" europäer vor die nase gesetzt, die ihnen den gegensatz krass vorführen.
>wir wollen ihnen den fortschritt bringen.
>nach europäischem maßstab.
>und das ist was ich persönlich mit neo-kolonialismus meine...
>den anderen den stempel aufdrücken, dass das, was wir haben, das maß der dinge ist.
>ihnen auf deubel komm raus dinge zu bringen, die wir für wichtig halten. und damit auch alles negative.
>den fortschritt verdanken die menschen den unzufriedenen,
>hat einmal aldous huxley (schöne neue welt..) gesagt.
> viele grüsse barbara

Ich möchte aber einen klaren Unterschied machen zwischen Neokolonialismus und Entwicklungshilfe.
Kolonien dienten früher der Ausbeutung dieser Gebiete und der Bereicherung der europäischen Mächte. Dies geschieht auch heute in der globalen Welt, in der diese ehemaligen Kolonien immer noch benachteiligt werden. Ursachen sind dafür die wirtschaftliche Unterentwicklung, die wiederum auch auf der kolonialen Vergangenheit beruhen kann oder aber auch die durch Monokulturen geprägte Landwirtschaft ... also auch das Erbe, was dort hinterlassen wurde.
Entwicklungshilfe jedoch ist eher ein Geben mit dem Ziel Hunger und Armut (wirtschaftlich gemeint) zu bekämpfen, Menschen den Zugang zu Trinkwasser zu gewährleisten, ihnen sozial zu helfen.
Ein riesiges Hotel irgendwo auf Sal zu bauen und das Geld, was damit verdient wird, nach Europa zurückzuleiten und dabei noch nicht einmal Rücksicht auf den Grundwasserspiegel zu nehmen, ist Profitmachen auf Kosten der Dritten Welt. Ist das nicht Neokolonialismus?

Viele Grüße Stefan D.






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